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Das Leben der Massai in Kenya
und Tanzania
ist geprägt von ihrem Dasein als Hirten und Nomaden, die dem
Zyklus
der Jahreszeiten auf Grund der Wanderungen der Wildtiere
und
dem abgrasen der Weideflächen durch ihr eigenes Vieh unterworfen
ist.
Durch die Veränderungen der Umwelt und der politischen Situation, wird es für sie immer schwieriger ihre selbstgewählte Lebensweise, die auf Unabhängkeit und Autonomie begründet ist, beizubehalten. Vor allem Krankeiten, die sie und ihr Vieh betreffen, sind sehr bedrohlich. Da sie praktisch über kein Einkommen verfügen, ist es ihnen auch nicht möglich diese Produkte mit Geld zu kaufen. Viele der jungen Massai sind der Einsicht, dass es richtig wäre sich eine bessere Schulbildung und Allgemeinwissen anzueignen, ohne jedoch auf Dauer ihre Freiheit und Kultur auf zu geben und sich dem bequemen Leben der sog. Zivilisation zu zuwenden. Über die Massai Die Massai, die Menschen die Maa sprechen, sind einer der letzten nomadisierenden Viehzüchterstämme Afrikas. Sie siedeln und wandern im Bereich der Serengeti in Tansania und der Massai Mara in Kenia. Das nur noch etwa 40.000 Quadratkilometer große Massailand reicht von Nairobi bis zum Kilimandscharo, vom Nakurusee bis in die Steppe Tansanias. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts hat der Stamm ein weitaus größeres Gebiet beherrscht. Doch die weißen Siedler, Engländer und Deutsche, die sich Kenia und Tansania teilten, verdrängten die durch Dürre und Seuchen geschwächten Krieger. Als echte Massai durften sich früher nur die reinen Viehzüchter betrachten. Stämme, die auch Ackerbau betrieben, verachtete man. Aber inzwischen sind Tradition und Sozialordnung der Massai unter den Druck der modernen Zeit geraten. Man versuchte, sie sesshaft zu machen und zu zivilisieren. Dabei sind die Massai gar keine echten Hirtennomaden. Nicht einmal Halbnomaden wie die Tibeter, die im Sommer von Weide zu Weide ziehen, im Winter aber eine Unterkunft aufsuchen. Die Massai wandern nicht von einer Wasserstelle zur nächsten, sondern bauen stabile Hütten, die sie mehrere Jahre lang bewohnen. Erst wenn das Gebiet abgeweidet ist, ziehen sie weiter und bauen einen neuen Enkang. Wichtig sind für sie Nachkommen und Vieh. Ein Mann, der weniger als 50 Rinder besitzt, ist arm. Wirklich reich ist man mit 1.000 Rindern. Wer allerdings keine Kinder hat, gilt trotzdem nicht als begütert. Die Massai grüßen deshalb auch: Wie geht es den Kindern, wie geht es den Rindern? Ihre Gebete, ihre Bitten an Engai drehen sich gleichfalls um Kinder und Vieh. Und junge Frauen preisen die Rinderherde ihres Kriegers. „Es war weder dein Tanzen noch die Feder in deinem Haar, die mich anzog. Eher war es deine große Rinderherde“. Die Massai leben in einer ausgeprägt patriarchalischen Familienordnung, in der allein der Mann das Gehöft führt und nur der älteste Sohn erben kann. Vielweiberei und sexuelle Freizügigkeit sind gestattet und weit verbreitet ? allerdings nur innerhalb einer Altersgruppe. Insgesamt teilt sich die Gesellschaft in sieben Altersklassen ein: Unbeschnittene, Beschnittene, junge Krieger, ältere Krieger, jüngere Ältere, ältere Alte und Greise. Mit etwa 15 Jahren werden die Jungen beschnitten. Sie ziehen in den Busch in eine Manyatta, die Hütte der Krieger. Nach zehn Jahren bilden sie Polizei und Militär, die ausführenden Organe also. Gesellschaftliche Entscheidungen treffen aber die älteren Alten. Dieser Altenrat, dem nur Männer angehören, ist Regierung und Gericht in einem. Nach langen Diskussionen über ein Problem entscheidet die Mehrheit des Rates. Die Krieger, die Ilmoran, gelten als
die Massai
schlechthin. Selbstbewusst und aufrecht, furchtlos, hochmütig und
unbeschwert, wahrhaftig und verlässlich sollen sie sein. Auch wenn
es für die Massai in den Reservaten immer schwieriger wird,
Löwenmähnen
und Straußenfedern für ihren wuchtigen Kopfschmuck oder
Büffelfelle
für ihre Schilde zu finden, bieten die Ilmoran einen imposanten
Eindruck.
Ihr kunstvolles Haar, das sie erst im Ältestenalter wieder
scheren,
ist ocker gefärbt und zu unzähligen Zöpfen geflochten.
Ihre
Beine sind mit hellen Längs- und Querstreifen verziert. Wie die
Frauen
lassen sie sich ihre Ohren mit Pflöcken durchlöchern,
schmücken
sie mit bunten Perlen, Knöpfen und Ringen. Der wichtigste Besitz
eines
Massai-Kriegers sind sein dreiteiliger Kriegsspeer und der farbige
Schild.
Als Berater der älteren Alten fungiert der Laibon, eine Art
Priester,
ein Mittler zwischen den Massai und ihrem Gott Engai. Der Laibon ist
Seher,
Orakel und Medizinmann, aber auch für den Regenzauber
zuständig.
Sein Amt wird vom Vater auf den Sohn vererbt. Die Massai sind
Monotheisten,
sie verehren Engai als den einzigen Gott. Engai manifestiert sich aber
als guter schwarzer und strafender roter Gott. Der schwarze Gott steht
für Donner und Regen, der rote für Blitz und Dürre. Der
schwarze Gott lässt das Gras wachsen, der rote tötet. Engai
hat
kein eindeutiges Geschlecht. In ihren Gebeten sprechen die Massai
sowohl
mit einem männlichen, als auch einem weiblichen Gott. Er/sie wohnt
sowohl im Himmel, als auch auf der Erde auf dem Oldoinyo Engai, dem
Berg
Gottes, einem Gipfel im Grenzgebiet. Für die Massai ist nur Engai
ewig, der Mensch aber sterblich wie die Tiere. Frauen übernehmen
außerhalb
der eigenen Hütte keine gesellschaftliche Rolle. Ihre wichtigste
Aufgabe
ist es, für (männlichen) Nachwuchs zu sorgen. Gebete zu Engai
und kleine Lehmpuppen, die einzigen Plastiken der Massai, sollen dabei
helfen. Die weiblichen Pflichten sind vielfältig: Frauen melken
die
Kühe, bauen die Hütten, holen Wasser und sammeln Brennholz.
Ihre
Männer sind meist viel älter als sie selbst. Während die
Frauen kurz nach der Beschneidung heiraten, binden sich die Männer
erst als Älteste, um die 30. Vor der Ehe kann ein
Massaimädchen
drei Liebhaber wählen, die sich gegenseitig vertreten: den
„Liebling“,
den „Fleischspieß“ und „Den, der herüber kommt“. Vor der
Beschneidung
gilt das Mädchen als Kind und darf nicht schwanger werden. Wurde
dieses
Tabu gebrochen, kam es in früheren Zeiten auch vor, dass das
vorzeitig
schwanger gewordene Mädchen ausgesetzt und den Hyänen und
Schakalen
überlassen wurde. Ersehnte Initiation für die Jungen,
für
die Mädchen brutale Verstümmelung - die Beschneidung der
Frauen
gehört zu den schockierendsten Praktiken der schönen Wilden.
Während die Jungen den in ihrem Fall völlig einfachen und
ungefährlichen
Eingriff kaum erwarten können, da sie nach der Beschneidung als
Männer
gelten, ist die Operation für die Mädchen extrem schmerzhaft
und lebensgefährlich. Sie erleben ihre Verstümmelung als
schweren
Schock. Waris Dirie, das Topmodel somalischer Herkunft, beschreibt das
traumatische Erlebnis in ihrem Buch Wüstenblume. Bei vollem
Bewusstsein,
ohne Narkose, nur mit einem Stück Holz gegen die
unerträglichen
Schmerzen zwischen den Zähnen, werden die jungen Mädchen von
einer Älteren misshandelt. Mutter und Schwester halten die
Unglückliche
fest, während die Ältere mit einer abgebrochenen, verrosteten
Rasierklinge ihr traditionelles Werk verrichtet. Die stumpfe Klinge
fährt
durch Haut und Fleisch. Ein entsetzlicher, unbeschreiblicher Schmerz am
empfindsamsten Teil des Körpers. Dann wird die Haut mit Dornen des
Akazienstrauches perforiert, um das Mädchen mit Zwirn zuzubinden.
In einer Blutlache erwacht die bewusstlos gewordene junge Frau. Wer
diese
Tortur überstanden hat, darf sich, ebenso wie gerade
Niedergekommene,
Krieger und die frisch beschnittenen jungen Männer, in der
Trockenzeit
an frischem Rinderblut stärken. Dazu werden die Tiere nicht
geschlachtet,
sondern mit einem spitzen Pfeil an der Halsschlagader geritzt, so dass
man Blut saugen kann. Normalerweise sind aber frische und saure Milch,
sowie Honigbier die klassischen Massaigetränke. Zum Auswaschen der
Milchkalebasse verwendet man den Harn der Kühe, dem die Massai
auch
heilende Kräfte zusprechen. Milch und Fleisch dürfen
keinesfalls
gleichzeitig verzehrt werden, aber Fleisch gibt es sowieso selten zu
essen.
Nur bei wichtigen Zeremonien werden Tiere geschlachtet. Bei einem
solchen
Fest sehen wir kurz vor unserer Abreise noch einen der berühmten
Hüpftänze.
Zehn, zwölf Krieger formieren sich zu einem rhythmischen
Kultgesang,
wobei einer oder auch zwei vortreten und gut einen Meter kerzengerade
in
die Luft springen. So werden wir sie wohl auch in Erinnerung behalten:
gerade und stolz, wie es sich für Krieger der Massai geziemt.
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